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LandArt im Branitzer Park Marc Schmitz: 23° Stellare Plastik

Im Außenpark der Branitzer Parklandschaft übergab heute die Museums-Förderstiftung eine Plastik des Konzeptkünstlers Marc Schmitz an die Stiftung Fürst-Pückler-Museum (SFPM).

Das Kunstwerk mit dem Titel 23° Stellare Plastik, ein vergoldetes Stahlrohr von 23 Metern Höhe und 23 Zentimetern im Durchmesser, ragt im Neigungswinkel von 23 Grad inmitten von Wiesen und Bäumen aus dem Erdboden. Präzis gesetzt nimmt es vor dem Hintergrund der Pücklerallee Bezug auf die Ekliptik der Erdachse, die um 23° zur Himmelsachse geneigt ist. Jahreszeiten, Tag- und Monatsläufe, der Sonnenstand im Tagesverlauf korrespondieren mit dieser Konstellation und damit auch das sich wandelnde Klima, dem historische Parkanlagen ausgesetzt sind. Material und namensgebender Neigungswinkel irritieren das Auge, das in der Umgebung von Fürst Pückler ideal gestalteter Naturlandschaft, klare Verhältnisse von Horizontale und Vertikale erwartet.

Mit seiner Plastik setzt der Künstler Marc Schmitz der Branitzer Parklandschaft eine kühl reflektierende Installation entgegen, die den Parkbesucher innehalten lässt. Den Besucherinnen und Besuchern, Einheimischen und Gästen sollen sich durch die Poesie einer künstlerischen Arbeit in einer von Menschenhand gestalteten Natur vielschichtige Fragen aufwerfen: Was bedeutet es genau, hier an diesem Punkt zu sein und wie ist dabei das Verhältnis unserer Erdachse zum Universum? Wie steht diese hellgoldene, scharf konturierte Form im Kontrast zu der von Fürst Pückler angelegten grünen irdischen Oase? Welche Veränderungen werden gerade hier in der trockenen Lausitz, die im 19. Jahrhundert bereits als Wüste beschrieben und in Folge durch die Kohle stark verändert worden war, durch den Klimawandel besonders dramatisch sichtbar?
Es ist die große Bandbreite an Erfahrungs- und Diskussionspotential, die die Stellare Plastik in ihrer großen, aber minimalen Form im Kontext der bedrohten Kulturlandschaft spannend macht. Die Arbeit will Anlass sein und will Anregung geben, welche Verbindungen wir erahnen können, wenn wir uns auf eine planetare Perspektive einlassen.

„Die Skala von 23° x 23 Meter x 23 Zentimeter markiert ein virtuelles Urmeter. Zwar bedingt sich das Klima aus der Erdrotation um die Achse von 23°, jedoch bleibt unsere Perspektive gewöhnlich im Irdisch/Lokalen verhaftet, wobei sie sich jahreszeitliche Ströme erst aus der stellaren Position der Axis ergeben. Eine notwendige Anpassung der Perspektive schließt die Komplexität verschiedener Dimensionen ein. Die aktuelle Einschränkung und Sorge um die vermeintlich verlorene offene Zukunft ist terrestrisch orientiert. Mein Interesse folgt einer nichtlinearen Perspektive, wozu ich die Werkzeuge der Kunst skaliere. Der Heuhaufen verschwindet in der Nadel auf einem terrestrischen Meridian in Richtung Osten,“ erklärt Marc Schmitz.

Seine Arbeit nimmt in vielfältiger Weise das Spiel mit der Branitzer Parklandschaft auf. So korrespondiert der goldene Farbton mit den historischen Zierelementen im Innenpark und verweist damit auf die Kunsthaftigkeit der „idealen Natur“. Während die Eichen des Branitzer Parks und entlang der Pücklerallee wegen Dürre und Krankheiten in größter Gefahr sind, verbindet die Plastik diesen Ort geographisch mit dem ambitionierten Klimaprojekt der Neuen Branitzer Baumuniversität, in der zukünftig klimaresiliente Bäume für historische Landschaftsgärten gezüchtet werden. Marc Schmitz‘ aufsehenerregende Intervention kann Denkzeichen sein an einem Ort, an dem Parklandschaft, Stadt und Tagebaurestloch des Cottbuser Ostsees aufeinandertreffen.

Der Vorstand der Stiftung, Dr. Stefan Körner, setzt in Beziehung: „Pückler war seiner Zeit immer voraus. Er ist bis heute im besten Sinne contemporary. Seine Seepyramide war der Beginn der LandArt in Branitz, also ein dreidimensionaler, radikaler, aber ideengeladener Eingriff in die Landschaft. Marc Schmitz‘ Plastik schreibt diese Tradition ästhetisch und klug fort und verweist mit 23° auf den Wandel des Klimas, der auch den Park trifft.“
In seinem Werk erforscht der multidisziplinär arbeitende Konzeptkünstler Marc Schmitz, 1963 in Hamburg geboren, die Grundlagen verschiedener Medien, indem er ihre Grenzen herausfordert. Seit langem beschäftigt er sich mit Fragen der Geodäsie, des Erdkörpers und der Bedeutung der Pole, die durch den menschengemachten Klimawandel das Weltklima verschieben. Seine Arbeiten vermitteln das Verhältnis von Sinnlichkeit und Gedanken, laden den Betrachter zu einem konstruktiven Dialog ein und sprechen den grenzenlosen Raum mit allen Grundsinnen des Betrachters an.
Schmitz, der an zahlreichen internationalen Ausstellungen, Biennalen und Triennalen teilnahm, lebt und arbeitet in Berlin und Ulaanbaatar.

Das Projekt wurde 2021 für im Rahmen des Projektes „Kulturelle Heimat“ von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg und der Museums-Förderstiftung Berlin finanziert und nahe der entstehenden Neuen Branitzer Baumuniversität errichtet.
Sponsoren: statische Konstruktion – Büro Werner Sobek Berlin / Baugrundgutachten – Ingenieurbüro Bauer Cottbus.
Dank an die MCR Engineering Lausitz/LEAG für die Herstellung der Plastik.

Kurzbiographie Marc Schmitz

Der multidisziplinär arbeitende Künstler Marc Schmitz studierte Philosophie an der Ludwig-Maximilian-Universität München und der FU Berlin und Medienkunst an der Akademie der Bildenden Künste München. Im Laufe seiner Karriere hatte er mehrere Lehraufträge an Universitäten u.a. in China, Indien und auf den Philippinen.

Er nahm an zahlreichen int. Ausstellungen, Biennalen und Triennalen teil, wie der Bangkok Art Biennale, BACC Bangkok in Thailand (2018), der Jeju Biennale, Jeju Museum of Art in Südkorea (2017), der Marrakech Biennale 6 in Marokko (2016), der Nakanojo Biennale in Japan (2015) sowie der Double Edge, Folkestone Triennial in Großbritannien (2017) und der GNAP, Port Izmir Triennial in der Türkei (2017) u.a.m.

Seine Arbeiten sind in privaten und öffentlichen Sammlungen wie der National Art Gallery Beijing, der Swatch Collection Shanghai u.a. vertreten und wurden mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet unter anderem mit dem ersten Preis der Art For Expo 2000 World Expo Hannover NY, und mit dem Preis der Jury der 10. Kairo Biennale sowie der Busan Biennale in Korea. Er war Residenzkünstler u.a. in Korea, im Peace Art Hotel in Shanghai oder am Goethe-Institut Hongkong und in Nakanojo, Japan.
www.marcschmitz.net

Eine Auswahl von Statements des Künstlers zu „23° Stellare Plastik“

„Die Herausforderung des Klimawandels bringt den kollektiven Einflussbereich und die individuelle Verantwortung in neuer Weise zusammen: es ist Zeit die Erde aus einer erweiterten Perspektive zu sehen.“

“Wir haben gelernt, uns in ,schiefer Lage‘ einzurichten; es sind genau genommen 23,5°. Interessanterweise ist dies auch die Idealtemperatur, die wir an der Klimaanlage in eingeben: offensichtlich ein Wert, der unser Habitat gut beschreibt. Und damit vielleicht ein weiterer Ansatz, das Erdgeflecht zu verstehen das uns hervorgebracht hat, und das nun unseren Schutz verlangt.“

„Sollen wir uns glücklich schätzen, dass, wie so oft von allen Seiten betont wird, nur dieser Planet, nur dieser Ort, ideale Bedingungen habe, im Universum LEBEN zu gewähren? Und was ist, wenn wir diese Schiefe um 23° aus dem Universum betrachten? Ist die Ekliptik nicht „nur“ ein Zufall, der nun einmal das, was wir Erde nennen, konstituiert? Der uns mit einem Mal zwingt zu begreifen, dass die NATUR nicht ein grünes Konstrukt, sondern das größtmögliche komplexe Labor für unsere und tausende andere Formen von Lebensbedingung im Raum ist?“

Kunst und Wissenschaft im Dialog

Dr Benjamin Männel, Wissenschaftler am Deutschen GeoForschungsZentrum (German Research Center for Geosciences), Helmholtz-Institut, Potsdam und Marc Schmitz im freien Dialog über die Plastik 23°.

https://docs.google.com/document/d/1qEAHnDqULZXInXbUn5VFpDtqf8iE2NjTkqNz4tR3S4Y/edit?usp=sharing

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