Nach intensiven Verhandlungen wurden über die Sammlungen des Fürsten Pückler am 3. Dezember 2021 in Gegenwart der Stiftungsratsvorsitzenden, Ministerin Dr. Manja Schüle, Leihvertrag zwischen Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz und der Erbengemeinschaft nach Fürst Pückler in Branitz geschlossen.
Vorausgegangen waren komplexe Verhandlungen mit der Erbengemeinschaft der Familie von Pückler, die aus fünf Mitgliedern besteht und auf die letzte Eigentümerin von Branitz vor der Enteignung im Rahmen der Bodenreform in der SBZ, Gräfin Theodora von Pückler, geb. Gräfin zu Limburg-Styrum (1867-1953), zurückgeht.
Die Stiftungsratsvorsitzende, Frau Ministerin Dr. Schüle, unterstreicht: „Fürst Pücklers Meisterstück Branitz gehört zur kulturellen DNA unseres Kulturlandes Brandenburg. Park und Schloss stehen nicht nur für das schillernde Leben und Wirken des bekennenden Europäers Pückler. Branitz steht auch für regionale Identität und Inspiration. Ich danke der Erbengemeinschaft und der Stiftung in Branitz sehr herzlich für ihr Engagement und ihre jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit! Der Leihvertrag ist ein Meilenstein: Er sichert das kulturelle Erbe für die Zukunft. Und wir haben noch viel vor mit Branitz: Wir wollen das Areal in den nächsten Jahren im Rahmen des ‘Masterplans Branitz‘ weiterentwickeln und die Parklandschaft vor den Auswirkungen des Klimawandels besser schützen. Und wir wollen die Stiftung als einen der zentralen Akteure beim Strukturwandel in der Lausitz weiter stärken.“
Nach der deutschen Wiedervereinigung regelt das 1994 in Kraft getretene Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz den Rückübertragungsanspruch an dem entschädigungslos enteigneten mobilen Erbe. Hierunter fällt auch das vom Gesetzgeber als bewegliche Sache definierte Inventar in Schloss und Park Branitz sowie die Pückler-Callenberg-Bibliothek. Die Erbengemeinschaft hatte sich nach 1990 besonders durch Hermann Graf von Pückler (1939-2017) um die Zusammenführung des nach 1945 verteilten Inventars von Schloss und Park Branitz sowie der Pückler-Callenberg-Bibliothek und deren öffentlich-museale Präsentation und Erschließung eingesetzt.
Dessen Witwe und Vertreterin der Erbengemeinschaft, Elke Gräfin von Pückler, freut sich, „dass durch den heute unterzeichneten Leihvertrag die Zusammenarbeit zwischen meiner Familie und der Stiftung auf ein solides Fundament gestellt wird, das für beide Seiten Rechts- und Planungssicherheit für das Erbe des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau in Schloss und Park Branitz, bedeutet. Den Mitgliedern der Familie Pückler danke ich, dass wir diesen Weg gemeinsam gehen. Damit wird auch die Arbeit meines verstorbenen Mannes gewürdigt, der nach 1990 sich für den Erhalt und die Bewahrung unseres Familienerbes in Branitz unermüdlich eingesetzt hat. Der Stiftung wünsche ich viel Erfolg bei den nun anstehenden Projekten und hoffentlich bald wieder zahlreiche Besucher.“
Die Erbengemeinschaft besteht des Weiteren aus den noch in Branitz geborenen Geschwistern des Grafen Hermann, Karl-Heinrich Graf von Pückler und Theodora von Studnitz, Fritz-Michael Graf von Pückler und Maximilian Graf Pückler-Märker.
Der heute unterzeichnete Leihvertrag umfasst rund 7.000 Positionen der Sammlungen, kunst- und kulturhistorisch bedeutende Kunstwerke, Gemälde, Graphiken, Möbel, Textilien, Waffen, Archivalien, Karten, Dokumente, Bücher, Instrumente und Ausstattungsgegenstände des fürstlichen und gräflichen Haushalts vom 15. bis zum 20. Jahrhundert. Diese waren bis 1945 in Privatbesitz, wurden dann im überwiegenden Maße vom Stadtmuseum Cottbus bzw. dem Bezirksmuseum Cottbus und der Stadt- und Landesbibliothek Potsdam verwahrt und nach der deutschen Wiedervereinigung der Erbengemeinschaft restituiert. Zugleich gelten eine Reihe von Kunstwerken und Kulturgütern seit 1945 als Kriegsverlust und befinden sich zum Teil vermutlich in Privatbesitz oder z.B. russischen Bibliotheken.
Stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender, Oberbürgermeister Holger Kelch: „Die 600 Hektar großen Park- und Gartenanlagen, die Bauten und das Schloss gingen nach dem Zweiten Weltkrieg zumeist in den Besitz der Stadt, die sich auch den Sammlungsteilen annahm und in das Stadtmuseum als kunsthistorische Zeugnisse integrierte und pflegte, ihre Provenienzen gerieten jedoch auch oftmals aus ideologischen Gründen in Vergessenheit. Bereits seit den 1980er-Jahren wuchs jedoch die Bedeutung der Stücke als Erinnerungszeugnisse des weltberühmten Cottbusers, Fürst Pückler. Diese wurden ab 2004 durch die Stadt Cottbus an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben. Nach der Zeit des öffentlichen Nießbrauchs bis 2014 lässt uns nun der Leihvertrag diese Objekte dauerhaft für Branitz gesichert wissen. Dies gelang nur, weil seit 1990 das vertrauensvolle Gespräch mit der gräflichen Familie gepflegt, zusammen das Beste für die Sammlungen gesucht und die Stiftung in Branitz eine wichtige und engagierte Arbeit leistet.“
Die 2018 durch Beschluss des Brandenburger Landtages errichtete öffentlich-rechtliche Stiftung bewahrt neben den eigenen Sammlungen zum Leben und Wirken des Fürsten Pückler, die Leihgaben der gräflichen Familie, restauriert und erforscht sie, um diesen bedeutenden kulturhistorischen Bestand weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Hinzu kommen zahlreiche Leihgaben einzelner Mitglieder der Familie Pückler, und die von der Stiftung treuhänderisch verwaltete Carl-Blechen-Sammlung der Stadt Cottbus. Der Museumsbestand besteht insgesamt aus mehr als 130.000 Objekten und Sammlungseinheiten.
„Die Branitzer Stiftung hütet“, so deren Vorstand, Dr. Stefan Körner, „neben der Potsdamer Schlösserstiftung den umfänglichsten Bestand von Ausstattungs- und fürstlicher Lebenskunst in Brandenburg. Als eine der wenigen bedeutenden aristokratischen Sammlungen in Ostdeutschland ist sie neben den ehemaligen landesherrlichen Sammlungen wesentlicher Teil der Identität des Landes und zusammen mit der Branitzer Parklandschaft ein Gesamtkunstwerk europäischen Ranges.“
Der Parkomane, Reiseschriftsteller und sächsisch-preußische Dandy Pückler hatte 1846 den Familiensitz Branitz bezogen und hier seine wertvollen Sammlungen zusammengetragen. Von nationaler Bedeutung sind die Gartenplastiken im Pleasureground, die Orientsammlung mit Reiseandenken aus Ägypten, Syrien und dem Heiligen Land, die Sammlung spätgotischer Kirchenfenster, die Pückler-Callenberg-Bibliothek, die Waffensammlung des Fürsten, die Graphische Sammlung der Familie und die berühmte Ahnengalerie – die größte ihrer Art in Ostdeutschland. Bis zur Enteignung nach 1945 bewahrten die Nachfahren des Fürsten Park, Schloss und Sammlungen. Ein umfassender Aufbruch für die Pflege und Erhaltung des Branitzer Pücklererbes begann mit der deutschen Wiedervereinigung. Seitdem wurden über 40 Millionen Euro aus europäischen Mitteln, Mitteln der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Brandenburg und der Stadt Cottbus wie auch der Ostdeutschen Sparkassenstiftung in Branitz investiert. Bis 2028 sind umfangreiche Investitionen geplant, die auch das nunmehr als Leihgabe überlassene bewegliche Pücklererbe umfassen.
Sowohl die 1995 von der Stadt Cottbus errichtete unselbständige kommunale Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz, ebenso wie die ab 2018 rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts werden von Bund, Land und Stadt verlässlich und nachhaltig gefördert.
2021 feiert die Stiftung den 175. Geburtstag der Branitzer Parklandschaft.